Zwischen Muskelkater und Leichenfliegen
Ronja Werwer - 18.01. bis zum 30.01.2016
Zugegeben – auf die Schauspielschule Siegburg war ich auf der Suche nach einem Praktikumsplatz aus Zufall gestoßen. Eigentlich auf der Suche nach einem Patz am Theater bin ich schließlich hier gelandet und habe es keine Sekunde bereut, denn hier erwartete mich eine Vielfalt dich ich so nicht erwartet hätte. Von Szenenarbeit über Sprechtechnik und Gesang – wir waren überall dabei und konnten bei Stunden mit Theatertanz, Improvisation und Aikido/Bühnenkampf selber mitmachen. „Einfach mal machen“ hieß das Motto und das wurde so auch durchgezogen. So sprangen wir im Sekundentakt von „Du bist in der Wüste und verdurstest“ zu „Du bist am Nordpol und erfrierst“ um im nächsten Moment lauthals brüllend auf der Stelle zu trampeln.
Auch wenn ich schon ein bisschen Schauspielerfahrung hatte ist man doch erstaunt wenn jemand in einem vollkommen leeren Raum angewidert über imaginäre Schweinehälften stakst und gleichzeitig gegen Leichenfliegen kämpft. Und egal wie verrückt und abgedrehter man wurde, die Pädagogen haben uns noch ermutigt weiter zu gehen. „Es geht darum an seine persönlichen Grenzen zu stoßen“, diesen Satz hörten wir immer wieder und ihn zu beherzigen macht mehr Spaß als man denkt. Über Bewegungsunterricht und Theatertanz haben wir dann auch erfahren das der Schauspielberuf sehr viel mehr Arbeit ist als man ihm nachsagt. Nach eineinhalb Stunden Bewegungstraining und Theatertanz hält der Muskelkater in Muskeln, von denen ich nicht wusste das ich sie habe mehrere Tage an.
Doch auch an theoretischen Unterrichten konnten wir teilnehmen und so habe ich „mal eben“ vier Stunden lang einer Schülergruppe beim auseinandernehmen einer McBeth Szene zugehört ohne das es langweilig wurde. „Im Grunde ist unser Beruf ein Handwerksberuf bei dem es darum geht etwas Praktisches zu erhalten mit dem man dann arbeiten kann“ Von, auf den ersten Blick einfachen Fragen wie „Was geschieht in der Szene“ über Analysen wie das Ziel der eigenen Rolle aussieht zu Fragen wie „Welches Tier wäre meine Figur“ ging es auch hier durch alle Register . Besonders fiel mir auf, das schlichtweg alles ernstgenommen und nichts als falsch oder unwichtig abgetan wurde.
Allerdings war es wichtig, keine Grenzen gegenüber seiner Rolle zu überschreiten. Anstatt „Irgendwie ist das komisch“ oder „Warum tut sie das, ist sie nicht total bescheuert?“ sollte man sich fragen, was passieren müsste damit man selbst handelt wie seine Rolle. Gerade dieses Reden über die Figur als etwas schützenswertes von René hat mich sehr beeindruckt und ich weiß jetzt schon, dass es mir im Deutschunterricht fehlen wird.
Und gerade von diesem Ernstnehmen aller Ansichten und Fragen und dem einfach mal machen ohne zu überlegen ob es eventuell Falsch sein könnte, könnten sich meiner Meinung nach unsere Schulen auch mal eine Scheibe abschneiden.
Darüber hinaus gehörte zu unserem Praktikum das Besuchen von Inszenierungen der Schauspielschüler. Auch hier war ich erstaunt von der Power der Schüler und mich überkam mal wieder dieses „Ich will auch“-Gefühl.
Alles in allem kann ich sagen, das mich das zweiwöchige Praktikum an der Schauspielschule Siegburg, der Studiobühne und dem Theater Tollhaus in vielerlei Hinsicht weitergebracht hat. Zum einen habe ich schon nach diesen zwei Wochen ein anderes Körpergefühl und vor allem mein Rücken, der mir die letzten zwei Jahre sehr viel Ärger gemacht hat, hat sich über den Theatertanz ehr gefreut als beschwert. Außerdem bin ich wieder näher an die Einstellung, das es besser ist etwas falsch zu machen als es nicht zu versuchen gekommen. Ich würde das Praktikum jeder Zeit wiederholen und am liebsten gleich bleiben, statt wieder in die Schule zu gehen.