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Unser Theater

Es war ein Stück, das mit großartig schauspielerischem Handwerk und tollen künstlerischen Details ausgeführt wurde

Rheinische Post vom 19. September 2016

Wermelskirchen. Das Stück "Odyssee - 4 Leben" über das Schicksal zweier junger Flüchtlinge ist hoch emotional und schockierend. Die Darsteller erzählen von ihren schlimmen Kriegserlebnissen. Einigen Besuchern in der Katt kommen die Tränen.

Einen tief erschütternden und doch Hoffnung spendenden Theaterabend erlebten die Besucher am Freitagabend in der Katt. Ein kleines, vierköpfiges Ensemble der Studiobühne Siegburg unter der Leitung von Regisseur Bardia Rousta präsentierte "Odyssee - 4 Leben", ein Stück über das Schicksal zweier junger Flüchtlinge aus Syrien und Ägypten.

Der Schock saß tief, als Marana Hartock (23) in ihrer Rolle als Polizistin emotionslos die Schusswaffe auf ihre drei Schauspielkollegen richtete, die als lautstarke Demonstranten auftraten. Auf der Leinwand im Hintergrund waren zeitgleich bewegte Bilder einer Demonstration zu sehen. Sie gehörten zu jenen Aufnahmen des Arabischen Frühlings, der Unruhen in Ägypten im Frühjahr 2011. Ohne Vorwarnung drückte Hartock ab. Ein lauter, ohrenbetäubender Knall erfüllte den Raum.

Die 40 Zuschauer zuckten erschrocken zusammen. Sara Al Halabi (18) aus Syrien, die eine der drei Demonstranten spielte, sackte zusammen. Die Gruppe erschrak, ließ aber nicht nach und schritt, arabische Parolen brüllend, weiter. Dann ein zweiter Schuss - und der nächste Demonstrant, Schauspieler Marian Henschel (21), fiel zu Boden. Die Schüsse gepaart mit den Bildern im Hintergrund rührten bei den Zuschauern, unter denen sich auch einige Flüchtlinge befanden, Emotionen auf: Einige schlugen betroffen die Hände vors Gesicht, bei anderen kullerten die Tränen. Auch bei Darsteller Mohammed, einem 20-jährigen Ägypter, der sich selbst spielte, flossen die Tränen, als er sich, in dieser Szene, zusammengekauert auf dem Boden dem Publikum wandte und auf Arabisch erzählte, wie er selbst bei diesen Demonstrationen dabei gewesen sei. Er hatte gesehen, wie seine Freunde vom Militär erschossen wurden, weil sie für ihre Freiheit demonstrierten. Henschel übersetzte, in Mohammeds Rolle, ins Deutsche. Es war in ein Schauspielstück eingebettet, doch was er erzählte, war seine eigene Lebensgeschichte mit echten Emotionen. Ein Moment, der berührte und nachdenklich machte. Auch die 18-jährige Al Halabi erzählte in ihrer Muttersprache, was sie auf der Flucht von Syrien über Libyen nach Deutschland erlebt hatte. Hartock übersetzte. Ebenso wie Mohammed kam sie aus einer wohlhabenden Familie, lebte bis vor Kriegsausbruch in einer liebevollen Familie, hatte jede Menge Haustiere und liebte es, zu tanzen und mit ihrem Bruder zu toben. Ihr Leben unterschied sich kaum von dem eines europäischen Jugendlichen - bis zum Ausbruch des Krieges, als sie ihre geliebte Heimat verlassen musste.

Es war ein Stück, das mit großartig schauspielerischem Handwerk und tollen künstlerischen Details ausgeführt wurde. Es bewegte vor allem dadurch, dass die wahren Lebensgeschichten zweier Flüchtlinge erzählt wurden. Trotz aller schrecklichen Bilder und Erzählungen gab es Hoffnung, als zum Schluss die 30 Artikel der Menschenrechtserklärung auf der Leinwand eingeblendet wurden, etwa dass jeder das Recht auf Freiheit und Demokratie hat. Vor allem der letzte Satz blieb den Besuchern in Erinnerung: "Niemand kann uns diese Menschenrechte wegnehmen."

Von Cristina Segovia-Buendía