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Stück spielt in Siegburger Fabrik: „Textil-Trilogie“ entwirft düstere Zukunftsvision

Kölner Stadt-Anzeiger vom 03. Oktober 2018

Stück spielt in Siegburger Fabrik: „Textil-Trilogie“ entwirft düstere Zukunftsvision

Nicht so dick, es soll fließen, schieß’ nicht mit Kanonen auf Spatzen. Rückt näher zusammen, das hat etwas Zauberhaftes.“ Mit allen Mitteln der Schauspielkunst setzen Marie Illies, Ella Anschein und Lioba Pinn die Anweisungen des Regisseurs René Böttcher um, tauchen ein in die Gedankenwelt der Näherinnen einer Siegburger Fabrik, die mit extrem niedrigen Löhnen und katastrophalen Arbeitsbedingungen zurechtkommen müssen.

Böttcher inszeniert die „Textil-Trilogie“ von Volker Schmidt. Einen Vorgeschmack auf die bevorstehenden Aufführungen konnten sich Fans der Studiobühne bei einer öffentlichen Probe abholen. In doppelter Besetzung gehen die jungen Schauspielerinnen im Oktober an den Start.

Textil-Trilogie“ spielt in der Zukunft in Siegburg

Anders und doch auf ebenso hohem Niveau verkörpern neben Illies, Anschein und Pinn auch Leila Schreiber, Naomi Edelmann und Sophie Botschek drei unterschiedliche Charaktere. Die eine sprüht vor Aggression, die andere plappert überzogen naiv, die Dritte gibt die nachdenklich-konservativ und einlenkende Persönlichkeit – Hani, Liesl und Kathi könnten unterschiedlicher nicht sein und sind doch enge Freundinnen. Das Stück von Volker Schmidt macht das Los von Näherinnen in extrem prekären Jobverhältnissen deutlich.

Die „Textil-Trilogie“ spielt in der Zukunft, in einer Fabrik in Siegburg. Warum? Ganz Europa scheint Billiglohnland für Asien geworden zu sein, die Grenze zwischen Sklavenarbeit und Prostitution ist fließend, aber noch haben die Frauen Stolz und Mut.

Drei Teile, ein Gesamtkunstwerk

„Man muss dankbar sein“, „Ihr könnt froh sein“ und „Wir sind glücklich“, so heißen die drei Teile der „Textil-Trilogie“. Mit Bravour lassen sich die Schauspielerinnen von der wirkmächtigen Sprachwut der Texte Volker Schmidts leiten. „Luxus für diese deutschen Näherinnen heißt, ein Schleuser-Ticket nach Bangladesch zu ergattern“, erklärte Böttcher die Fiktion des Stücks, das in schier jedem Satz gegen Ausbeutung, Kapitalismus und Ökonomisierung aufspringt.

Tatsächlich fliehen die Frauen aus dem Elend, werden im Ausland Prostituierte oder Putzfrauen. Im dritten Teil geht es ums Scheitern: „Bleiben oder Fliehen hilft nicht. Was denn dann?“ Alle drei Teile wachsen zu einem Gesamtkunstwerk im öffentlichen Raum über Globalisierung und Arbeitsmigration zusammen.

Die Premiere findet am Freitag, 12. Oktober, um 11 Uhr in der Innenstadt statt. Weitere Aufführungstermine sind Freitag, 12. Oktober, Samstag, 13. Oktober und Sonntag, 3. November, jeweils um 11 Uhr. 

von Andrea Hauser