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Unser Theater

Studienfahrt 2017 nach Wien

28. April 2017

Am 24.04, ein Montag, der ganz unschuldig die 17. Woche des Jahres 2017 eröffnet, lässt sich um 5 Uhr morgens Folgendes beobachten: Eine Gruppe größtenteils junger und kleineren Teils mittelalter Leute scharrt sich auf dem möglicherweise Fantasie ärmsten Spielplatz der Weltgeschichte zusammen. Die Gruppe nimmt im Minutentakt an Mitgliedern zu; Mitglieder die teilweise einer zu höchst eigenartigen Natur entsprungen sein müssen. Zu sehen sind junge Frauen mit kurzen Haaren und fast noch dubioser: Personen gegenseitigen Geschlechts mit langen Haaren und noch nicht einmal anständig gekämmt! Einige der sich dort ansammelnden Menschen rauchen und begießen sich mit aufputschenden Heißgetränken. Manche tragen Kissen unter den armen, dazu runden müde und ungehalten gähnende Gesichter das Bild einer anscheinend auf etwas wartenden Menge, die viel zu früh das Bett verlassen hat, glanzvoll ab. Die Zwielichtigkeit der schon mal annähernd beschriebenen Gestalten gibt Recht zur Annahme, dass es sich hierbei um Künstler handelt. Höchstwahrscheinlich sogar die von der schlimmsten Sorte – denn direkt neben dieser Masse, die sich nun geschätzt auf drei Dutzend beläuft steht ein kleines Theater, dass sich charmant neben eine Volkshochschule gezwängt hat und hin und wieder mit der unter Denkmalschutz stehenden Metalltür klappert. Nun fragt sich der neugierigen Beobachter natürlich: Wo wollen die hin? Vor allem um diese Uhrzeit? Und was,herrgot nochmal, haben die vor?

Die Gruppe setzt sich, nach überprüfter Vollzähligkeit in Bewegung, bis sie bald vor einem Reisebus ankommt, was schon mal die Koffer und Rucksäcke erklären würde, die ein jeder hier bei sich trägt. Der Reisebus hat einen längeren Weg vor sich – er wird nämlich nach Wien fahren, und er braucht gute Nerven, denn er wird vor Anbruch seiner Fahrt mit Schauspielschülern beladen, die vor haben jene Großstadt unsicher zu machen und vor allem – deren Theater. Auf dem Speiseplan der Reiseflotte stehen unter anderem vier Theaterstücke, die in ihrer Unterschiedlichkeit unschlagbar sind.

„Die Kehrseite der Medaille“ (Boulevardtheater nach Florian Zeller inszeniert von Alexandra Liedke aufgeführt im Kammerspieltheater der Josefstadt)

„Wuthering Heights - Sturmhöhe“ ( Jugendtheater nach Emily Bronté inszeniert von Thomas Birkmeir im Renaissancetheater in der Neubaugasse)

„ der die Mann“ (schwer zu kategorisierendes Theater nach Konrad Bayer inszeniert von Herbert Fritsch im Burgtheater)

„Blei“ (ob das nun Theater ist oder nicht muss jeder selbst entscheiden – in jedem Fall eine Dokumentation von Ivna Zic inszeniert von Thomas Schweigen im Schauspielhaus Wien)

Für mich, der sich an dieser Stelle mal als Berichterstatter und Teil der Gruppe entpuppt, teilt sich dieser Roadtrip in zwei hauptsächliche Punkte: 1. Wien 2. Theater

Was den ersten Punkt angeht, so ist im voraus zu sagen: Wien ist eine Stadt, die ich nach drei Tagen Aufenthalt nicht im Stande angemessen zu beschreiben bin. Was ich allerdings gesehen und erlebt habe, wäre gänzlich aufgeführt sicher zu textlastig für eine Bericht wie diesen. Primär in Erinnerung geblieben sind mir als Freund der Genüsse die Kaffeehäuser mit ihrer Bedienung die man erleben und ihrem Melange oder Braunen, den man Getrunken haben muss. An dieser Stelle seien auch Stichpunkte wie der gedeckte Apfelkuchen oder die Kultur des Kaiserschmarrns kurz zu erwähnen. Ebenfalls nicht so schnell vergessen werde ich das Haus der Musik, mit seinen unzähligen Etagen und betäubenden Sinnesräumen sowie das hervorragend ausgebaute Straßen und U-Bahnnetz Wiens. Die Pension, die uns, womit jetzt die Schüler der Studiobühne Siegburg gemeint sind, mitten in Wien als Herberge diente, war ein im Grunde doch ganz gemütlicher Rückzugsort und das Frühstück dort war ja zum Glück freiwillig. An schönen Gebäuden wimmelt es ja geradezu in Wien, und vor einem Hundertwasserhaus zu stehen, fühlt sich mit Sicherheit anders an, als dessen Fotografie in Händen zu halten. Mein klares Statement: Hier bin ich nicht das letzte Mal gewesen!

Der 2. Punkt könnte bis in alle Unendlichkeit ausgeweitet werden. Eins ist mir seit dem 26. April 2017 endgültig klar. Theater ist nicht gleich Theater! Es kann mit leichtem Witz, bequemer Vorhersehbarkeit und flottem

Tempo berieseln, es kann mit besonders ungewohnten Erzählmethoden und Spielstilen das Publikum entzwei spalten, es kann mit knallbunter Tiefe fesseln, mit aschgrauer Langweile entfremden, es kann interessieren, inspirieren, provozieren und auch quälen. Und das alles hat es ganz besonders in diesen 3 Tagen in Wien auch getan. Das Wiener Burgtheater ist schon mal abgesehen vom Bühnenprogramm ein Erlebnis sondergleichen, in dem Fall hatte Fritsch einen kleinen Vorteil bei mir; das goldene Riesenblaßhorn taucht des Öfteren noch vor meinen Augen auf. Der 27. 04. war der Tag der Rückfahrt nach Siegburg, die theatralische Dokumentation „Blei“ bot soviel Diskussionsstoff, das sich niemand im Bus zu langweilen brauchte. Wie kann man eine verletzten Knöchel derart unglaubwürdig beklagen und welchen Sinn hat ein drei Meter hohes, vollgestelltes Regal, das nicht bespielt wird? Dass sind Fragen, die noch heute in der Schauspielschule Siegburg Thema sind. In erster Linie und in letzter:

Danke für diese Erfahrung – auch an den Organisator, Herrn Böttcher!