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Unser Theater

Schauspielschüler inszeniert "Geisterstunde"

14. Juni 2015

Ausgerüstet mit einem Blaumann, einem Umhang, ähnlich einem Supermancape, und einer riesigen Taucherbrille betritt der Schamane (Robin Smets) den "Behandlungsraum". Seine zu Betreuenden haben bereits auf den Zuschauerrängen der Studiobühnen Siegburg Platz genommen. In einem kurzen Video erfahren die Interessierten worauf es bei einer Geisterbeschwörung ankommt, welche Dinge man dafür benötigt. Der Film warnt auch davor Geld für die Anrufung zu verwenden. Bevor es tatsächlich losgehen kann erhält der Protagonist einen Anruf seiner schwangeren Freundin und man erfährt, dass der er nur eine Aushilfe für seinen Kollegen ist und den heutigen Abend für diesen übernimmt. Ein Stammkunde erinnert den "Schamanen" durch einen weiteren Telefonanruf an einen wichtigen Termin der in einer halben Stunde stattfinden muss. Der junge Mann entscheidet sich aufgrund des Zeitdrucks für die nicht sichere Variante der Beschwörung und schmeißt Münzen in die vorbereitete Opferschale. Vor den Augen des Publikums nimmt der Geist eines Postbeamten von dem Schamanen Besitz. Der lethargische Mann stempelt lustlos Briefe und erzählt dem Publikum, er könne sich nicht beklagen da er einen fairen Lohn und Betriebsausflüge erhält. Allgemein solle man sich weniger beklagen und froh darüber sein etwas leisten zu können. Als er einen Abschiedsbrief von seinem Freund erhält der sich umgebracht hat fragt er sich nur, mit wem er nun in die Kneipe gehen soll. Der nächste heraufbeschworene Geist betritt als Entertainer die Bühne und bringt Frotzeleien zum Thema Kapitalismus zum Besten. Im Anschluss taucht ein jamaikanischer Geist auf und rappt zuerst über das klischeebehaftete, traumhafte Bild der Urlauber über sein Land und dessen Leute. Das Blatt wendet sich aber, als er z.B. über die Homophobie und den Waffenhandel der Jamaikaner berichtet. Der nächste Geist ist eine Prostituierte die sich die Gunst ihrer Freier durch Hamburger und Ketchup erkaufen möchte, denn "nichts wird leichter und alles kostet mehr". Zum Schluss manifestiert sich in dem Schamanen der größte aller Geister: Mammon, der "König der Wucherer". Er stellt den "Decider" vor, eine Maschine die der Menschheit alle Entscheidungen abnimmt, egal welche Konsequenzen diese für die Umwelt und Gesellschaft bringen.

Mit dem Schlusswort wendet sich der Protagonist wieder an sein Publikum: "Macht mit eurem Geld das Beste was man damit machen kann: werdet es los!"

Robin Smets, Schauspielschüler der Schauspielschule Siegburg im dritten Ausbildungsjahr, präsentiert mit der "Geisterstunde" sein erstes, ca. einstündiges, selbsterarbeitetes Soloprogramm. Smets gelingt es durch die sympathische Hauptfigur des "Schamanen", abwechslungsreich gezeichnete Geistercharaktere und eine humoristische Darstellungsweise das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Man sieht dem Schamanen mit Freude beim Scheitern zu und begleitet die Spukgestalten gerne in ihre Welt. Besonders hervorzuheben ist der eigens entwickelte Rap über die gesellschaftliche und politische Situation auf Jamaika, bei der die Zuschauer merklich schlucken müssen. Man hätte sich bezüglich des Themas "Kapitalismus" mehr solcher Momente erhofft. Es kann gespannt auf das nächste Projekt des Schauspielschülers gewartet werden.

 

Interview mit dem Künstler

Robin, wie bist du auf die Idee zu deinem Soloprogramm gekommen?

Kritische Gedanken zum Thema "Kapitalismus" begleiten mich schon lange, auch durch meine Familie und Freunde. Dieser Begriff ist bei mir geistig angeeckt. Viele Personen haben nicht im Kopf dass es auch anders geht, dass Alternativen dafür möglich sind. Daher wollte ich das Programm so gestalten, da es mich umtreibt und alle Menschen betrifft. Die gewählte Form meiner Arbeit - es gibt viel zu lachen, meine direkte Art (z.B.) - sollte nicht elitär sein. Das sollte Kunst im Allgemeinen nicht sein. Es war mir wichtig dass das Publikum lachen, aber auch schlucken muss.

Wie bist du mit dem vorgegebenen Zeitrahmen zurecht gekommen um dein Programm fertig zu stellen?

Es war für mich ein großes Management zwischen Schule und Familie. So fielen die Proben- und Entwicklungszeiten auf die Abendzeit. Ich habe somit mein Programm Stückchen für Stückchen wachsen lassen.

Du hast ja alle Rollen die man für eine Produktion benötigt selbst übernommen. Was nimmst du von dieser absolut eigenständigen Arbeit in dein nächstes Schuljahr an der Schauspielschule Siegburg mit?

Ich nehme daraus eine gewisse Kaltschnäuzigkeit und mehr Selbstbewusstsein mit. Ich habe jetzt vieles begriffen, wovon ich vorher nur eine Ahnung hatte. Es ist mir klarer geworden welche Stilrichtung mir gefällt - wohin ich möchte. Ich habe nach der Erfahrung gesucht, alles alleine entscheiden zu können und für das was ich tue alleine verantwortlich zu sein. Und dieses Ziel habe ich erreicht.

 

Publikumsecho:

"sehr bewegend", "lustig", "ehrlich", "lange lustig", "fesselnd", "bringt einen dazu sich an die eigene Nase zu fassen", "überraschend", "mitreißend", aufgewühlt", "ich bin stolz auf Robin", "erster Schritt in die Richtung in die Robin gehen möchte", "schöner Abend", "abwechslungsreiche Figuren mit speziellen Merkmalen", "klares Statement des Künstlers", "ernsthafte Übung", "der rote Faden könnte noch länger durchgezogen werden", "fleißig selbsterarbeitete Texte", "gut herausgearbeitete Geisterrollen", "Klarheit in den Texten", "weitermachen", "Foodporn - wir fühlen uns schmutzig", "geistreich erregend", "hat zum Nachdenken angeregt aber auch unterhalten", "coole Idee", "so bescheuert, dass es wieder lustig ist", "vollster körperlicher Einsatz", "sehr sexy"